BOGOTÁ ROCKT

 

Nun bin ich schon über eine Woche in BOGOTÁ und somit in Südamerika, Zeit für ein Update.

 

Der Flug via Madrid verlief problemlos, ich glaub, ich hab 5 oder 6 Filme geguckt. Die Immigration war ebenfalls easy, ich bin nun glückliche Besitzerin eines 90-Tage-Visums, ich könnte somit theoretisch 3 Monate in Kolumbien verbringen. Na gucken wa ma.

 

Ich war sehr froh, vorab den Airport-Transfer vom Hostel gebucht zu haben. Zum einen war ich extrem kaputt und nicht in der Lage, mich mit den Busverbindungen vertraut zu machen, zum anderen ist mein Rucksack durch den in Valencia neu aufgefüllten Kosmetikkram wieder schwerer (bzw. ich bin nicht mehr so belastbar nach vier rucksackfreien Wochen). Die Ankunft im Hostel war nicht so optimal. Mir ging irgendwie alles auf den Keks und ich war genervt davon, in nem Mehrbettzimmer zu schlafen. Ich versuchte, mich dann noch so lange es geht wach zu halten, um mich an die neue Zeitzone anzupassen. Nerv!

 

 

Am nächsten Tag war die Stimmung nicht besser. Sonst kann ich es immer kaum erwarten, einen neuen Ort zu erobern. Diesmal hatte ich aber keinen Bock auf nix, weder wollte ich mich zu Bogotá belesen, noch mir irgendwelche Sights angucken, ich wollte... ja keine Ahnung. Zum ersten Mal hatte ich das Reisen satt. Ein super Südamerika-Start. Zum Glück gibt es Janine, die das alles am Besten nachvollziehen kann und bei der ich mich schön ausheulen und mein Selbstmitleid kundtun konnte.

 

Ich hab mich dann zusammengerissen und bin nachmittags ein bisschen durch die Gegend gezogen, hab mich gemütlich in ein Cafe gesetzt und Ideen für die nächsten Tage gesammelt. Abends entdeckte ich ein kleines liebevoll eingerichtetes Restaurant, in dem ich nicht nur lecker gegessen, sondern mich zudem gut mit dem Owner unterhalten hab. Danach sah meine kleine Welt wieder rosiger aus und ich war zurück im Flow. Meine Woche in Bogotá war dann auch gut gefüllt und abwechslungsreich.

 

 

Das Hostel liegt in einer wohlsituierten Gegend mit vielen schicken Restaurants und man kann sich hier problemlos bewegen. Sobald man aber andere Gegenden erkunden möchte, wird man ständig auf die Gefahren hingewiesen. Und auf keinen Fall darf man sein Handy rausholen auf offener Strasse. Nich mal das? Wie soll ich mich denn dann orientieren ohne Hilfe von Maps.me?? Das alles machte mich ein wenig unsicher und ich fühlte mich in meiner Freiheit eingeschränkt. Das zeitgleich in Manila jemand versucht hatte, Janine die Kette vom Hals zu reißen, machte es nicht besser.

 

 

Mit einer geführten Radtour zu beginnen, um die Stadt besser kennenlernten und ein Gefühl für alles zu bekommen, erschien mir daher als die beste Lösung. Und das war eine gute Entscheidung. Es war ne coole Truppe und die fast 5stündige Tour abwechslungsreich. Wir sind nicht nur durch die Altstadt La Calendaria geradelt, sondern haben uns auch andere Stadtteile, zB den Rotlichtbezirk angeschaut.

 

Zudem sind wir an vielen eindrucksvollen Graffitis vorbei gekommen. Diese sind in der gesamten Stadt verteilt. Nachdem 2011 ein 16jähriger Sprayer von einem Polizisten erschossen wurde, der dann die Schuld dem Jungen zuschieben wollte, indem er ihm eine Waffe in die Hand legte, gab es einen Aufschrei in der Szene und es wurden demonstrativ Flächen besprüht. Daraufhin kam die Stadt den Sprayern entgegen und stellte öffentliche Gebäude bereit. Als dann zwei Jahre später Justin Bieber nach einem Konzert in Bogotá inkl. Polizeieskorte ein Graffiti medienwirksam an eine Wand sprühte, hatte dafür kaum einer Verständnis, ein Landsmann wird erschossen aber ein VIP darf inkl. Polizeipräsenz rumsprühen. Daraufhin gab es eine grosse Solidarität mit den Sprayern und es fand ein Umdenken statt. Die zahlreichen StreetArt-Künstler sind mittlerweile geduldet und die Stadt ist schön bunt.

 

Bunt sind auch die ganzen Früchte, die ich zum Teil noch nie gesehen hab und deren Namen ich mir nicht merken kann. Aber sehr köstlich, zB die Frucht, die gleichzeitig nach Tomate sowie nach Kiwi und Mango schmeckt.

 

Unterhaltsam war das Tejo-Spielen, wobei ich das Ambiente und das Beobachten der Locals spannender fand als das Spiel selbst. Beim Tejo versucht man, eine schwere Scheibe aus Eisen (ähnlich wie ein Diskus) auf einen Kreis zu werfen. Der Kreis ist umgeben von Plättchen mit Schwarzpulver und diese muss man treffen, um sie explodieren zu lassen. Das gibt nen lauten Knall zur Freude aller und die Kolumbianer sind leidenschaftlich bei der Sache.

 

 

Am nächsten Tag bin ich dann direkt wieder in die Altstadt, um eine FreeTour zu Fuss zu machen und das Museo de Botero zu besuchen. Die Bilder und Skulpturen mit den wohlproportionierten Menschen haben mir sehr gefallen. Aber es gab nicht nur Werke von Botero zu bewundern, sondern u.a. auch von Picasso, Chagall, Dalí, Monet etc.

Überall ist die Polizei präsent, allerdings nicht so krass bewaffnet und somit nicht so furchteinflößend wie damals in Mexico City.

 

 

Freitag wollte ich eigentlich einen Café- und Recherche-Tag einlegen, hab mich dann aber spontan ein paar Leuten aus dem Hostel angeschlossen und wir sind ins 50 Kilometer entfernte Zipaquira gefahren (nicht, ohne uns vorher ein wenig zu verfahren), um uns die sich in einer Salzmine befindende Catedral de Sal anzuschauen. Die Besichtigung der Mine erfolgte durch eine geführte Tour. Da diese auf spanisch war, hab ich nüscht verstanden und fand auch alles etwas langatmig. Dennoch war es ganz cool, unter der Erde und rundherum von Salz umgeben zu sein. Und die Kathedrale fand ich wirklich beeindruckend. Lustig wurde es, als wir uns dann selbst als Minenarbeiter betätigten.

 

 

Noch ein paar Worte zum Busfahren, denn das alleine ist schon ein Challenge: Da Bogotá riesig ist, kommt man um die Nutzung der Öffis nicht drum herum. Die Stadt hat keine Metro, stattdessen gibt es ein umfangreiches Bussystem mit eigenen Strassen. Ich kam bisher eigentlich ganz gut zurecht mit ÖPNV-Plänen aber das System in Bogotá hab ich bis heute nicht kapiert. Zum Glück gibt es eine App, die einem sagt, wo man umsteigen und zu welcher Nummer sowie Farbe man wechseln muss. Das Einsteigen in die meist übervollen Busse erfolgt ohne Rücksicht auf Verluste. Ich war öfters zu langsam (ich wollte die Leute erst aussteigen lassen) und wurde ohne Gnade hin und her geschoben. Da die Fahrer die Strassen für sich haben, rasen sie, als wären sie auf dem Nürburgring, man wird ordentlich durchgeschüttelt und hat somit schmerzhafte Körperkontakte on mas. Ich hab schnell aufgehört, mich jedes Mal zu entschuldigen, zumal ich mindestens genauso viele Treffer einstecken musste.

Dolle berührt hat mich aber, dass, nachdem jemand seine Sanges- oder Rapkunst zum Besten gegeben hat, immer im gesamten Bus geklatscht wurde. Bei uns wird ja immer nur genervt mit den Augen gerollt. Bewegt haben mich auch die vielen obdachlosen und bettelnden Menschen, die entlang der Busstrecken zahlreich zu sehen sind.

 

 

Dann stand endlich das Wochenende vor der Tür und mit diesem der Grund dafür, warum ich mich so lange in Bogotá aufgehalten habe. Nämlich das Rock al Parque, ein riesiges Festival for free. Die Leute im Hostel fanden es nicht so gut, dass ich dorthin wollte, angeblich würden dort einige nur auf Leute wie mich warten, um einen auszurauben. Ich wollte aber dennoch unbedingt hin. Diese einmalige Möglichkeit, meine Leidenschaft für (Live-)Musik auf meiner grossen Reise auszuleben, konnte und wollte ich mir nicht entgehen lassen. Am Samstag bin ich wegen des nervenaufreibenden Fussballspiels ziemlich spät hin und musste erst einmal umfangreiche Sicherheitskontrollen inkl. mehrmaligem Abtasten des gesamten Körpers über mich ergehen lassen. Endlich auf dem riesigen Gelände angekommen, bin ich von Bühne zu Bühne geschlendert und hab die Leute beobachtet. Hier bekam man noch echte Metaller und Rocker zu sehen und nicht haufenweise Hipster wie bei uns. Hat mir alles gut gefallen. Ich blieb allerdings nicht bis zum Schluss, da es irgendwann einfach zu viele Menschen waren und ich mich dann doch nicht mehr richtig wohl fühlte. Sepultura hab ich somit leider verpasst. 

 

Am Sonntag bin ich gemeinsam mit Andrea aus Bolivien und José aus Brasilien, mit denen ich schon in den letzten Tagen viel Zeit zusammen verbracht hatte, losgezogen. Zuerst waren wir auf den jedem Sonntag stattfindenden Handwerksmarkt in Usaquén (ich hätte sooo vieles kaufen wollen) und haben dann auf dem Festival stundenlang die Musik und den Sonnenschein genossen. Ich hab auf jeden Fall Gefallen an einigen mir bisher unbekannten Bands gefunden. Fotos von dem Festival-Wochenende hab ich bereits auf Facebook hochgeladen.

 

 

Gestern Abend musste ich mich leider von beiden verabschieden, für sie ging es zurück nach Hause. Das Abschiednehmen von Leuten, mit denen man eine gute Zeit zusammen hatte, ist etwas am Reisen, dass ich so gar nicht mag und mich auch nicht dran gewöhnen kann. Da fühlt man sich dann auf einmal doch ein wenig allein.

 

 

Nun is die Woche in Bogotá schon wieder rum, mir war nicht langweilig, ganz anders als vorab befürchtet. Erst heute (Montag) hab ich Zeit für eine ausgiebige Café-Session

 

Das Festival war definitiv DAS Highlight für mich. Bogotá selbst ist jetzt nich so der Burner aber durchaus zu empfehlen für ein paar Tage. Jeden Tag aufs neue war ich von dem Blick auf die Berge fasziniert, die Höhe hab ich zum Glück ganz gut weggesteckt (ausser akute Schnappatmung beim Radfahren, gut, dass man das auf die dünne Luft schieben kann) Die angepriesene Altstadt von Bogotá fand ich jetzt nich so berauschend aber ich muss fairerweise auch sagen, dass ich mich hier nicht so frei bewegt hab, wie ich das sonst mache und somit das Flair, von dem ich mich ja gerne beim Rumstreunern anstecken lassen, nicht erleben konnte. 

 

Grosses Glück hatte ich mit dem Wetter, ich bin nur selten nass geworden und hab nur manchmal gefroren. Bitte drückt mir Daumen, dass mein Wetterglück anhält, denn die Wetteraussichten sind nicht so toll. Regen ohne Ende, überall. 

 

Morgen geht es weiter Richtung Norden und wie das immer so ist, will ich nun gar nicht mehr weg aus dem Hostel, welches ich zu Beginn so verfluchte. Der erste Eindruck ist nich immer... na Ihr wisst schon. 

 

 

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