DIE KOLONIALEN NATURPARADIESE VILLA DE LEYVA, SAN GIL UND BARICHARA

Von der Big City ging es mit dem Bus Richtung Norden in die bergige Natur. In Kolumbien gibt meist es keinen Vorab-Ticketverkauf, sondern man geht einfach zum Busbahnhof (oder stellt sich an die Strasse entlang der Route) und guckt, welcher der Busse in die gewünschte Richtung fährt. Es existieren auch keine Fahrpläne, der Bus fährt los, wenn er voll ist. Zu Beginn meiner Reise hätte es mich total nervös gemacht, kein Ticket vorab zu haben, nicht zu wissen wann und wie und überhaupt und dann auch noch so lange warten zu müssen. Doch wenn ich was gelernt hab in den letzten 8 Monaten, dann entspanntes Warten

 

Im Bus saß ich neben einer alte Frau, die sich gerne mit mir unterhalten wollte. Leider hab ich sie so gar nicht verstanden. Ansonsten funktioniert es mit der Kommunikation ganz ok. Auch wenn ich oft überfordert bin, weil einen alle ganz selbstverständlich in spanisch ansprechen. Die Leute kommen nicht mal auf die Idee, dass ich sie nicht verstehen könnte. Sie nehmen mein Stirnrunzeln und die riesigen Fragezeichen über meinem Kopf so gar nicht wahr, sondern brabbeln fröhlich drauf los

 

 

Mein Ziel war VILLA DE LEYVA, ein kleines koloniales Dörfchen, welches an den Wochenenden von den Bogotanern übervölkert wird, unter der Woche aber ganz ruhig und beschaulich daher kommt. Und dort warteten auch schon die nächsten Verständigungsschwierigkeiten. In der Pension angekommen, dauerte es eine Ewigkeit, bis ich begriff, dass sie mir, anstatt des gebuchten Einzelzimmer mit geteiltem Bad, ein Doppelzimmer mit eigenem Bad zum selben Preis geben wollten. Ich war im Paradies und hab aus geplanten zwei direkt vier Nächte gemacht. Mittlerweile gehen mir die Mehrbettzimmer nämlich manchmal ganz schön auf den Sack. 

 

Als ich dann durch den Ort lief, hatte ich ganz oft ein Wow auf den Lippen und den Fotoapparat ständig in Betrieb. Diese kleinen Gässchen mit dem Kopfsteinpflaster und den Bergen im Hintergrund - wow. Und meine fotografische Leidenschaft für Fenster und Türen konnte ich hier ja sowas von ausleben. 

 

Geschlafen hab ich wie ein Baby und bin dann mit dem Mountainbike los durch die Gegend. Die Natur ist wunderschön und es gibt einiges zu sehen rund um Villa de Leyva. Ich war unter anderem im Teracotta-Haus, in dem der Architekt wohl auch ab und zu wohnt. Zudem genoss ich total, dass ich mich überall frei und sicher bewegen konnte und mich nicht so eingeschränkt fühlen musste wie in Bogotá. Einmal hatte ich allerdings trotzdem richtig schiss. Und zwar als mich zwei Hunde verfolgten, die mich anknurrten und sich die Seele aus dem Leib bellten. Ich begann mich schon zu fragen, wie stark so ein Hundebiss wohl wehtun wird, als der Besitzer die beiden Bestien endlich zurück pfiff. 

 

So richtig typisch kolumbianisch gegessen hab ich bisher noch nicht, von den Empanadas als Zwischensnacks mal abgesehen. Und auch in Villa de Leyva wurde nix aus regionaler Küche, denn der Ort ist übervölkert mit italienischen Restaurants. Somit war ich als Pasta-Junkie in diesen jeden Abend anzutreffen. Das asiatische (StreetFood) Essen vermisse ich dennoch ganz schön dolle. Was die Kolumbianer lieben und mir sehr gefällt, ist Eis. Das gibt es überall zuhauf und wird von den Kolumbianern in allen Variationen konsumiert. 

 

Am zweiten Abend fiel mir meine Flasche Wasser auf den kleinen Zeh. Es tat ziemlich weh aber ich hab mir nix weiter bei gedacht, bis ich am nächsten Morgen aufstand und nicht mehr auftreten konnte. Die geplante Wanderung musste somit ausfallen. Stattdessen humpelte ich durch den Ort und machte ne ausgiebige Kaffee-Kuchen-Pause. Nachmittags war das Deutschland-Spiel und dann ganz viel Traurigkeit, da halfen auch die tröstenden Worte der mitguckenden Kolumbianer nix.  

 

Den darauffolgenden Tag war es mit dem Zeh nicht mehr ganz so schmerzhaft und ich wollte mich unbedingt bewegen. Also biss ich die Zähne zusammen und machte eine Wanderung zu den Pozos Azules. Das sind mehrere Seen, die bei Sonneneinfall besonders blau aussehen. Ansich fand ich die Seen nich so prickelnd (es war aber auch bewölkt) aber die Gesamtkulisse war ne Wucht. Mal wieder war ich hin und weg, an so einem herrlichen Fleckchen Erde sein zu dürfen. 

 

 

Am Samstag ging es dann mit Umsteigen und wackeligen Mini-Bussen in die Adventure-Hochburg SAN GIL. Es wurde immer wärmer und zum ersten Mal, seit ich kolumbianischen Boden berührte, kam ich ins Schwitzen. Mein erster Eindruck von San Gil war nicht so dolle, was aber nicht verwunderlich war nach dem hübschen Villa de Leyva. Zudem ging es wieder in ein dorm...

 

Aufgrund mangelnder Alternativen machte ich mich mit den überall angepriesenen Outdoor-Aktivitäten vertraut und entschied mich fürs Rafting und fürs Paragliding. Beim Rafting auf dem Rio Fonce war ich mit einer Familie aus Bogotá in einem Boot, die zum Teil etwas englisch konnte, so dass wir ganz gut in einem Mix von spanisch und englisch kommunizieren konnten. Der Papa nannte es spanglish. ;) Von der Sicherheitseinweisung hab ich so gar nix verstanden und die eine oder andere Geste des Instruktors machte mir ein wenig Angst. Aber völlig zu unrecht und die Kommandos hatte ich auch schnell drauf. Das Wasser war zu Beginn ganz schön kalt aber hatte man sich erst einmal dran gewöhnt, machte es richtig Spass. Und die Landschaft, an der wir entlang kamen, war wahnsinnig. Es war ein rundum gelungenes Erlebnis und mit der family bin ich auch immer noch in Kontakt. 

 

Nachmittags bin dann noch zum Relaxen in den Parque Gallineral, einem Naturpark direkt am Fluss. 

 

Aus dem Paragliding am nächsten Tag wurde leider nix. Dabei war ich voller Vorfreude. Und voller Nervosität. Aber kaum kamen wir auf dem Berg an, begann ein heftiges Gewitter und kurz darauf der Regen. Wir warteten und frierten über zwei Stunden, bis dann entschieden wurde, dass das nix mehr wird. Echt schade, zumal ich das sooo günstig (16 Euro) wohl nirgendwo anders machen werden können. 

 

 

Und schon ging es weiter, nach BARICHARA, einem der wohl schönsten Orte ganz Kolumbiens. Ursprünglich hatte ich dieses Dorf nur als Tagesausflug im Visier aber nachdem es mir in Villa de Leyva so gefallen hat und mir das Umherstreunern so gut tat, wollte ich mehr Zeit in Barichara verbringen. Und es hat sich voll gelohnt. 

 

Ich blieb drei Nächte als einziger Gast in einer kleinen Pension, die von Albaro geführt wird, der sich die ganze Zeit rührend um mich kümmerte. Seine Fürsorge und das orpulente kolumbianische Frühstück jeden Morgen taten mir so gut

 

Der Ort ist deutlich unbelebter als Villa de Leyva und die Häuserwände strahlen nicht ganz so weiss aber dennoch hat Barichara ganz viel Charme. Hier geben die Strassen mächtig bergauf und bergab und von überall hat man einen fantastischen Blick auf die Berge rundherum. Auch hier wieder Wows ohne Ende. 

 

Die Ruhe und entspannte Atmosphäre nutze ich, um mögliche Stationen entlang der Karibikküste zu recherchieren. Leider zog mich das ziemlich runter, da ich realisierte, dass sich das alles nicht ganz so umsetzen lassen wird, wie ich mir das gedanklich so schön ausmalte. Bungalows direkt am Strand gibt es nicht oder sind nicht ansatzweise bezahlbar. Zudem kann man an vielen Stränden nicht baden oder sie sind schon sehr touristisch und teuer ist alles sowieso. Ich war echt frustriert und genervt und hatte keinen Bock mehr. Zum Glück hat mich das Laufen auf dem Camino Real schnell wieder eingenordet und ich hab geschnallt, das ich aus einem Luxusproblem ein viel zu grosses Drama mache. Dann eben doch das Hostel oder ein Bungalow 3 Kilometer entfernt vom Strand. Völlig latte, denn ich werde an der Karibikküste chillen und nicht im Büro schuften!!

 

Die meisten kommen nur für einen Tag nach Barichara, um den Camino Real zu erwandern. Das ist ein alter Pfad von Barichara ins 9 Kilometer entfernte Guane. Ich wartete den Schwung Tagesausflügler ab und machte mich dann mittags auf den Weg und hatte den Weg ganz für mich alleine. Ich musste immer wieder stehen bleiben, um die spektakuläre Aussicht zu geniessen und in mich aufzusaugen. Diese unberührte Natur, das Vogelgezwischer, die überall umherflatternden Schmetterlinge machten so schöne Gefühle in mir, dass ich den Weg am nächsten Tag direkt nochmal erwanderte. 

 

Als hätte der Essensgott mich erhört, entdeckte ich in Barichara ein kleines süsses Restaurant, in dem es ganz viel gesundes Essen gab, unter anderem asiatischen Reis und Thainudeln. Köstlich! 

 

 

Gestern ging es dann schweren Herzens weiter in den Norden. Ich hatte Abschieds-Blues aber die Karibik, der ich mich immer weiter nähere, wartet. 

 

Nach einer kurvigen Fahrt (die nicht jedem Magen bekam) kam ich vier Stunden später in BUCARAMANGA an. Hier wollte ich nur eine Nacht verbringen, auf dem Weg ganz in den Norden. Bucaramanga ist eine relativ grosse Stadt mit etwa einer Million Einwohner und umgeben von grüner bergiger Natur. Leider hatte ich aber seit gestern extreme Kopfschmerzen und mir war so gar nicht Stadterkundung. Ausserdem regnete es heute stundenlang kräftig, was mir zusätzlich ein wenig aufs Gemüt schlug. Deshalb hielt ich mich fast nur im Hostel oder in dessen näherer Umgebung auf. Nicht mal Fotos hab ich gemacht. Sorry Bucaramanga für mein Missachten Deiner sicherlich vielfältigen Gesichter.



Jetzt sitze ich grad im Gemeinschaftraum des Hostels und warte darauf, dass es Zeit wird, zum Busterminal zu fahren. Meine erste südamerikanische Nachtbus-Fahrt steht an. Und es wird der erste (hoffentlich bequeme und vermutlich überklimatisierte) Touribus in Kolumbien, bisher war ich nur mit Localbussen unterwegs. Schlafbrille, Decke und Fleecepulli liegen bereit, also im Idealfall schlafe ich direkt ein und wache 10 Stunden später an der Karibik wieder auf. 

 

 

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