IN DEN HIGHLANDS VON ECUADOR (QUITO, MINDO, RIOBAMBA, CUENCA, VILCABAMBA)

Nachdem ich, kaum in ECUADOR angekommen, am liebsten sofort wieder weg wollte, liege ich nun völlig entspannt in der Hängematte in einem paradiesischen Ort in den Bergen im Süden, bin seit Tagen erfüllt mit Wohlgefühl sowie Leichtigkeit und schaffe den Absprung nicht. Aber von Anfang an:

 

Die Ausreise aus Kolumbien fiel mir total schwer doch es wurde Zeit für die Eroberung eines neuen Landes. Die Einreise klappte wieder problemlos, die freundlichen südamerikanischen Immigration-Beamten sind so ganz anders als die furchteinflößenden Asiaten.

 

Vom Taxifahrer in QUITO wurde ich gleich ma darauf eingestellt, dass die Ecuadorianer nich ganz so aufgeschlossen und herzlich sind wie die Kolumbianer und während der Fahrt ständig auf die ganzen unsicheren Ecken hingewiesen, die Umgebung meines Hostels inbegriffen. Da beschlich mich bereits unterschwellig der Drang, wieder weg zu wollen.

Erstmal ging es aber sowieso sofort wieder raus aus der Stadt. Das Hostel hatte mir einen Daytrip empfohlen und da ich so planlos in einem neuen Land landete, wie noch nie zuvor, sagte ich einfach zu. Es ging zum bei Touris sehr beliebten Handwerksmarkt nach Otavalo. Leider erinnerte das Ganze eher an eine Kaffeefahrt und auch Märkte habe ich schon deutlich schönere gesehen. Da waren die 30 Dollar (Ecuador ist sooo extrem teuer, darauf war ich nicht eingestellt) nicht gut investiert. Während die anderen stundenlang über den Markt schlenderten, setzte ich mich auf eine Bank an einem belebten Platz und beobachtete die Menschen. Während viele Kolumbianer doch ziemlich europäisch aussehen, sieht man hier den indigenen Einschlag bei den meisten. Verstärkt wird der Eindruck durch traditionelle Kleidung, die vor allem von den Frauen getragen wird. Und die Männer haben alle lange dicke Haare zum neidisch werden (dick sind meine nämlich nicht mehr aber das ist eine ganz andere Geschichte).

 

Abends zurück in Quito wollte ich mir was zum Essen suchen und bin im Dunkeln (was man ja auf keinen Fall machen soll) los auf Futtersuche. Und tatsächlich fühlte ich mich extrem unwohl. Während mir die Menschen auf der Straße, zB in Bogotá ein Sicherheitsgefühl gaben, sehen die Leute in Quito abends nicht besonders vertrauenserweckend aus. Ich bin also schnurstracks zurück und hab Gott sei Dank was Genießbares in Hostelnähe gefunden. Das Gefühl, in meiner Freiheit eingeschränkt zu sein, verfolgte mich auch am nächsten Tag und ich schloss mich nicht den anderen zur Stadterkundung an, sondern nutzte die Ruhe und den wirklich fantastischen Ausblick des Hostels, um mich zu Ecuador zu belesen und zu planen, wie es weitergeht. Es blieb dabei, ich wollte so schnell wie möglich raus aus Quito.

 

Leider wurde meine Stimmung noch düsterer, als sich herausstellte, dass die Koreanerin aus meinem Zimmer, die in der vorangegangenen Nacht nicht nach Hause kam, tödlich verunglückt war. Ich musste mich einer kurzen Befragung durch die Botschaft unterziehen, die dann auch ihre Sachen abholte. Das hat mich extrem mitgenommen. Ich wollte wirklich nur noch weg. Glücklicherweise hatte ich auf der Otavalo-Tour Tanja kennengelernt, mit der ich dann abends in ihrem Hostel ein wenig über das Leben philosophieren konnte, das hat mir sehr geholfen. Zudem zeigte sie mit das Video zur Rede Charlie Chaplins zu seinem 70. Geburtstag. Hier der youtube-Link zu einer ordentlichen Portion weiser Worte: http://youtu.be/m8SboGMfhrc.

 

Ein bisschen was von der Stadt sehen wollte ich dann aber doch und schloss mich am nächsten Tag der von unserem Hostel organisierten WalkingTour an. Und, wie sollte es auch anders sein für diesen unglücklichen Ecuador-Start, regnete es untypischerweise (sonst ist es vormittags sonnig und erst nachmittags kommt der Regen). Ich versuchte, es positiv zu sehen und überzeugte die anderen der Truppe (90% Deutsche), dass wir somit eine ganz besondere Tour bekommen, die sonst niemand in dieser Form erlebt. Allerdings konnten meine Aldi-Turnschuhe, die ich wirklich liebe und die mich schon treu an so viele schöne Orte gebracht haben, dem Wetter nicht standhalten und ich schaute ausnahmsweise mal neidisch auf die Outdoorschuhe und Klamotten der anderen (DAS Erkennungsmerkmal deutscher Touris). Quitos Altstadt ist echt total schön mit den Kirchen und kleinen Gassen. Wir hatten ein paar abwechslungsreiche Stunden und erlebten sogar den Wachwechsel vor dem Palast inkl. Anwesenheit des ecuadorianischen Präsidenten.

 

Nach der Tour traf ich mich auf ein Käffchen mit Armin (meinem Hostel-Buddy aus Cali) und ging abends mit ihm und ein paar Leuten aus dem Hostel in eine Brauerei und verbrachte einen meiner Gefühlswelt wohltuenden Abend. Es war also durchaus ein schöner Tag aber ich war dennoch erleichtert über den anstehenden Ortswechsel.

 

 

Ich fuhr nach MINDO, denn ich brauchte Natur und ich wollte ein schickes teures Zimmer für mich alleine. Das Leben ist zu kurz für billige Dorm-Betten. Das Zimmer war allerdings etwas enttäuschend (wie das eben so ist mit Erwartungen, die mich zum Glück nur noch selten begleiten), das Drumherum dafür umso traumhafter. Die Unterkunft befand sich mitten im Grünen an einem rauschenden Fluss mit geilen Hängebetten unmittelbar davor. Der Ort hatte coole Essensmöglichkeiten und richtig gute Handmade-Schoki. Hätte also großartig werden können, wäre da nicht das Wetter. Es regnete fast ständig und somit war es teilweise ungemütlich frisch. Und sehr nass. Ein solches Wetter ist eher ungewöhnlich in der Menge und mit der Durchgängigkeit. Gracias Ecuador, Du willst mich wohl auf die Probe stellen aber so schnell kriegste mich nicht klein. Ich bleib noch ein bisschen. Ich hab somit viel Zeit eingekuschelt im Hängebett verbracht, war ein wenig wandern auf den schlammigen Wegen, hab vortrefflich gegessen und träumte von Kolumbien.

 

 

Nach vier Tagen Regenwetter ging es nach RIOBAMBA. Da ich auf keinen Fall zurück nach Quito wollte, nahm ich einen Umweg in Kauf. Und was für einen! Ich war den ganzen Tag unterwegs und musste 3x umsteigen, um 350 Kilometer zu bewältigen. Da ich somit völlig fernab des typischen Gringotrails unterwegs war, fanden mich die Leute spannend, was ich wiederum total spannend fand. Meistens sind die Ecuadorianer sehr zurückhaltend aber ein paar suchten das Gespräch, wenn meist auch nur, um mich darauf hinzuweisen, immer auf mein Hab und Gut acht zu geben. Die vorbeiziehende Landschaft war schön aber sehr grau und wolkenverhangen. Auch der Cotopaxi war komplett in Wolken gehüllt, als wir dort vorbei fuhren. Die Strassen sind krass ausgebaut, meistens sogar zweispurig und ich fuhr mit großen bequemen Bussen. Ständig in den Bus zusteigende Verkäufer gibt es auch hier, da bleiben keine Wünsche offen. Grad als mir nach einem Eis gelüstete, stieg prompt eine Eisverkäuferin ein. Und in einigen stecken wahre Verkaufstalente, ihr glaubt ja nich, was zB eine Zuckerstange alles für tolle Eigenschaften hat. Meinen Daypack hab ich während der Busfahrten die ganze Zeit auf den Schoß, denn man wird ständig darauf hingewiesen, das zu tun, um nicht beklaut zu werden. Und tatsächlich höre ich zum ersten Mal Diebstahl-Geschichten aus erster Hand von anderen Travellern. Das Entertainment, in Form von lauter Musik oder zum Teil echt blutrünstigen Filmen, kommt natürlich auch in ecuadorianischen Bussen nich zu kurz.

 

In Riobamba wollte ich unbedingt auf nen Vulkan. Nachdem ich mir die Besteigung des Cotopaxi nicht zugetraut hatte, klang der Chimborazo machbarer. Leider wurde die Tour kurzfristig aufgrund mangelnder Teilnehmerzahl abgesagt. Gut, dass ich extra dafür nach Riobamba gefahren bin… Gezwungenermaßen verbrachte ich den Tag stattdessen mit nem ausgiebigen Stadtrundgang, auf dem mir tatsächlich kein einziger Touri begegnete. Vielleicht hätte mir auch das Nichtvorhandensein eines Hostels zu denken geben müssen aber andererseits hätte ich sonst auch dieses ganz spezielle Erlebnis in dem etwas heruntergekommenen Hotel verpasst: Ein großer kahler Frühstücksraum, ein karges Buffet, Tina Turner und Pet Shop Boys als musikalische Untermalung und ich. Ganz allein. Ein wirklich spezieller Moment. ;)

 

 

Als nächstes fuhr ich nach CUENCA. Wow, was für eine tolle Stadt, plötzlich war ich wieder Feuer und Flamme und lebte auf. Und machte aus zwei geplanten Nächten vier. Die Stadt hat unglaublich viel Charme und es gibt reichlich zu entdecken. Das Sahnehäubchen war der eine Stunde entfernte Nationalpark Cajas. Boah, was für eine spektakuläre Natur. Ich machte dort eine Wanderung und kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Einen Blogartikel dazu gibt es bereits. :)

 

Nicht ganz so prickelnd war dagegen der Ausflug zur Incastätte Ingapirca. Da es die bedeutendste Incastätte Ecuadors ist, lässt es ja doch so einiges erwarten (ups, da sind se schon wieder die Erwartungen) und man nimmt die zweistündige Busfahrt gerne in Kauf. Aber die Anlage war auch mit einem ganz doll wohlwollenden Blick nich sonderlich impresionante und nach ner Dreiviertelstunde waren wir durch mit der Tour. Zum Glück hatte ich den Ausflug mit Ole unternommen, den ich Quito kennengelernt hatte. So machten wir gemeinsam das Beste daraus und belohnten uns für unseren Optimismus, zurück in Cuenca, mit richtig guten Burgern und Fritten.

 

 

Tja, und dann kam ich nach VILCABAMBA. Letzte Woche Freitag. Und ich bin immer noch hier… Die Unterkunft ist ein absolutes Entspannungs-Paradies (wie ich es nicht ansatzweise erwartet habe ;) ) mit täglichem morgendlichem Yoga inmitten einer Bergkulisse, die einen im positiven Sinne in den Wahnsinn treibt. Das Frühstück beinhaltet das köstlichste Müsli überhaupt und dank der bayerischen Besitzer sind viele deutsche Gerichte auf der Karte. Überall sind Hängematten oder man chillt am Pool (sofern das Wetter dies zulässt) und es wurden ganz viele Wanderwege mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden konzipiert. Den Muskelkater lässt man sich dann weg einfach massieren. Und egal, für welche (Un)Tätigkeit man sich grad entscheidet, begleitet einen immer der Blick ins Grüne und auf die Berge. Ich krieg einfach nicht genug davon. 

 

Als hätte man damit nicht schon genuch Programmpunkte für einen perfekten Tag, sind da noch die zauberhaften Menschen, mit denen man zusammen wohnt, es wunderbar harmoniert und man somit den ganzen Tag gemeinsam verbringt und zusammen die schwierigen Entscheidungen trifft, welche Massage man sich denn morgen gönnt und welches Gericht es heute zum Abendessen geben soll. Unter anderem war auch Ole wieder mit von der Partie. Es sind tolle Begegnungen, gute Gespräche, einfach eine kollektive Vollkommenheit. 

 

Das Leben meint es sooo verdammt gut mit mir. Und meine Chefin ebenfalls. Ich darf noch einen Monat länger die entzückende Welt erkunden und somit ist der 1. Februar der neue Termin für meine Rückkehr in den Arbeitsalltag. DANKE SABINE!

 

So, ich muss mich ma langsam aus meiner Hängematte raushangeln. Ich hab nämlich auch jetzt einen ganz wichtigen Termin. Der da heißt: FullBodyMassaaaage….

 

 

 

Die Bilder sind wie immer in der Reihenfolge der besuchten Orte:

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Kerstin (Samstag, 08 Oktober 2016 21:40)

    Toller Beitrag, vor allem nach dem tristen Anfang so ein tolles Ende