MINGALABAR MYANMAR - YANGON UND MAWLAMYINE


Ich bin wieder on tour. Und es fühlt sich sooooo unfassbar gut an! 

 

Vor mittlerweile 10 Monaten nahm mein Backpacker-Leben ein Ende und es begann eine neue “Reise”. Gebucht hatte ich eigentlich einen Schön-dass-ich-wieder-da-bin-Trip, bekomme hab ich stattdessen eine Berg-und-Tal-Fahrt. Und da ich keine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen hatte, musste ich ausharren und das Auf und Ab aushalten. Es war echt ne harte Zeit, vor allem, weil so unerwartet, aber inzwischen kann ich sagen, dass ich angekommen bin. Das Fernweh und das Bedürfnis, einfach weiter zu machen mit dem Durch-die-Welt-streunen ist immer noch stark aber ich habe auch akzeptiert, dass der Alltag nun mal zu meinem Leben dazu gehört. 

 

Und so blieb mir nur, auf den Jahresurlaub, von dem ich so viel es ging zusammensparte, hinzufiebern. Ich hab lange Hin und Her überlegt, wo ich meine Füße in den Sand stecken möchte, denn die Sehnsucht nach Südamerika, vor allem natürlich nach Kolumbien, ist gross. Aber es gibt auch noch so viel Neues zu entdecken. Und so entschieden letztendlich der Blick auf die Klimatabellen (Miss B wird jetzt schmunzeln) sowie das Bedürfnis, meine während der langen Zeit in Südostasien aufgebaute, dann durch das schwierige Ankommen aber wieder verlorene Nähe zum Buddhismus und Meditieren wiederzubeleben. Somit fiel die Wahl auf MYANMAR.

Natürlich kann man das in der momentanen Situation mit den Rohingya moralisch verwerflich finden und der eine oder andere hat mir auch seinen Unmut darüber zum Ausdruck gebracht. Aber wenn der Umgang mit Minderheiten ein entscheidendes Kriterium für die Wahl eines Reiselandes ist, muss man sich auch fragen, wo man mit der Bewertung anfängt, denn  dann fallen so einige Länder weg, die als Reiseziel aber von keinem hinterfragt oder naserümpfend zur Kenntnis genommen werden. Letztendlich muss das jeder für sich selbst entscheiden. Was da grad passiert, ist selbstverständlich nicht schön zu reden und eine ethnische Säuberung ist vermutlich das Allerschlimmste im Umgang mit Minderheiten, dennoch möchte ich nicht allen in Myanmar lebenden Menschen diese Gräueltaten zurechnen. Punkt. 

 

 

Mit der Flugbuchung, dem Organisieren eines Visums und dem Kauf eines Reiseführers (den ich dann doch erst auf’m Flug nach Myanmar studierte) begann also die Vorfreude. Am Freitag (27.10.) war es endlich soweit und mein sorgfältig gepackter Rucksack und ich machten uns auf den Weg der Sonne entgegen. 24 Stunden später war ich am Ziel, mein Rucksack aber nicht. Und damit trat zum ersten Mal das ein, was auf Reisen immer meine allergrößte Angst ist und mich in die Vorstufe einer Panikattacke treibt, sobald mein Rucksack nicht sofort auf dem Gepäckband sichtbar ist. Also auf zum Lost&Found-Counter, der Papierkram war aufgrund nicht englisch sprechendem Personals ein mehrstündiger Prozess, doch glücklicherweise musste ich da nicht alleine durch, auch andere blieben ohne Gepäck. Dadurch war alles erträglich und ich brach nicht panisch in Tränen aus, wie ich mir das immer in meinen Der-Rucksack-is-weg-Albträumen vorgestellt hatte. Meine Kreditkarte funktionierte auch nicht gleich und ich wähnte mich schon im Super-GAU aber das konnte sich schnell klären und ich kann wieder Millionär spielen mit hunderten Geldscheinen inner Tasche

 

Mit leichtem Gepäck ging es mit dem Taxi ins Zentrum der 5-Millionen-Metropole YANGON. Da ich leider leichtsinnig geworden bin (is ja bisher immer alles gut gegangen) und ich zum ersten Mal keine Wechselsachen im Handgepäck hatte, war meine erste Aktion nach dem Einchecken im Hostel der Besuch einer Shopping-Mall. Passende Unterwäsche zu finden war ne Challenge. Gott sei dank musste ich mit dieser Challenge nicht ins nächste Level, denn nachdem die Hostelchefin Tanja zwei Tage unermüdlich umher telefonierte, kam Sonntagabend dann die sowas von erlösende Nachricht, dass mein Rucksack in Yangon eingetroffen ist und von mir abgeholt werden kann. Ohne Tanja hätte ich vielleicht immer noch gewartet, denn von der Airline hab ich nie etwas gehört. 

 

Mein Hostel befand sich in unmittelbarer Nähe zu Chinatown und Little India und so zog ich nach dem Shoppen los und war sofort in meinem Element. Ich lief und lief und direkt in einen bunten Umzug rein und damit in meinen ersten Glücksmoment der Reise. Ich wurde sowas von aufgesogen von dem asiatischen Leben und von Minute eins fühlte es sich so an, als wäre ich immer noch auf großer Reise. Das war magisch, anders kann ich meine Gefühle nicht beschreiben. Da ich nicht wusste, wann mein Rucksack wieder zu mir findet, hatte ich vorsorglich verlängert im Hostel und somit ganz viel Zeit, die Stadt zu entdecken und trotzdem alles ruhig angehen zu lassen. So lief ich 4 Tage lang unermüdlich durch die kleinen Gassen und großen Straßen von Yangon und nahm alles begeistert in mich auf: das Gewusel auf und neben den Strassen, jedes Lächeln der locals, die unzähligen Verkaufsstände bei denen es nichts gibt was es nicht gibt, die Frauen mit der gelblichen Paste im Gesicht als Sonnenschutz, die Betelnutkauenden und Longyitragenden Männer, die abgeranzten aber doch von ihrem ehemaligem Prunk ahnen lassenden Kolonialbauten, die löchrigen Wege die den ständigen Blick nach unten erfordern (was wiederum ungewollte Einblicke in die Abwässerkanäle beschert), das sich verändernde Flair nach Einbruch der Dunkelheit, die überall umherlaufenden Mönche, die sich in den Parks liebevoll im Arm haltenden Pärchen (eine vermutlich seltene Gelegenheit der Zweisamkeit)... wie sehr ich das alles liebe. Und wie sehr ich das vermisst hab. Am zweiten Tag überquerte ich ein Brücke und genau in dem Moment zog unter mir ein Demonstrationszug vorbei. Die Menschen winkten mir zu und freuen sich wie sonst was, wenn ich zurück winkte. Glücksmoment Nummer zwei!

 

Immer wieder tun sich Tempel und Pagoden vor einem auf aber es gibt auch einige Kirchen und Moscheen, es ist also möglich, ein Zusammen- oder zumindest Nebeneinanderleben mehrerer Religionen! DIE Sehenswürdigkeit Yangons war auf jeden Fall auch für mich ein Highlight: die über die Stadt thronende Shwedagon Pagoda. Dem Tipp eines roommade folgend, bin  ich am späten Nachmittag hin und konnte diese spirituelle Stätte in völlig verschiedenen Lichtstimmungen bewundern. Und hier waren auch die ganzen Touristen anzutreffen, von denen ich in der Stadt selten welche sah.

 

Leider ist alles krass schmutzig, der Müll liegt überall, so extrem hab ich das in noch keinem Land gesehen, zumindest nicht in Städten. Und so trau ich mich zum ersten Mal auch nicht an StreetFood ran. Ich bin da ja relativ schmerzfrei aber hier steht das Essen oft in unmittelbarer Nähe zu den meist nur notdürftig abgedeckten Abwasserkanälen, manchmal sogar direkt auf dem Boden. Außerdem ist das Wasser zum Geschirrsäubern meist braun. Und da gegen den Gestank auch der Essensduft keine Chance  hat, muss ich mir wider Erwarten doch andere Essensoptionen suchen und in Restaurants einkehren. 

 

Und es gibt eine Sache, die mich richtig dolle nervte. Und zwar die unfassbar rücksichtslosen Autofahrer. Ampeln gibt es nur an sehr großen Kreuzungen (aber die Funktion dieser ist hier scheinbar nicht bekannt) und so muss man sich unter Lebensgefahr aufmachen zur anderen Straßenseite. Dabei wird man ständig angehupt, weil man sich erdreistet, über die Straße zu gehen. Gebremst wird nicht, sondern Millimeter an mir vorbei gefahren. Einmal wurde ich sogar von einem Fahrer gehauen, weil ich vor seinem Auto vorbei lief, zurück hätte ich aber nicht gekonnt ohne zwischen zwei Autos zermalmt zu werden. Also da hört es bei mir echt auf mit der buddhistischen  Gelassenheit. Das Autofahren bekommt den sonst so freundlichen Burmesen nicht und es kommt glatt der böse Wunsch in einem hoch, ihnen die Autos wegzunehmen und ihnen wieder Fahrrad-Rikschas unter den Hintern zu packen. Man ey. 

 

Helfen kann da nur noch eine Fußmassage. Die Massagesalons sind hier nicht so verbreitet, wie in den südostasiatischen Ländern aber zufällig bin ich auf einen gestoßen mit unglaublichen Preisen: eine Stunde für drei Euro (inkl Tip).

 

Zwischen dem stundenlangen Gelaufe, den Stops in Cafes für Iced Coffee, den meine Füße auf Vordermann bringende Massagen und den knapp überlebten Strassenüberquerungen, machte ich ein paar Recherchen für die Route und fragte andere Traveller aus. Hat sich gelohnt, denn jetzt hab ich nen Plan für die Zeit in Myanmar, ma gucken, ob ich den so durchziehe.

 

 

Mittwoch stand dann die erste Busfahrt an, ich wollte nach MAWLAMYINE, der viertgrößten Stadt Myanmars. Ohne meinen Taxifahrer wäre ich total aufgeschmissen gewesen, es ist alles nur auf Burmesisch und allein hätte ich an diesem riesigen mit Bussen und Autos vollgestopften Busbahnhof nie den richtigen Bus gefunden. Aber unter Burmesen ist man nicht allein, beim Warten wurde mir mehrmals ein Sitzplatz angeboten und sobald Busse vorfuhren, liessen sich gleich mehrere mein Ticket zeigen, um mir dann den richtigen Bus zu zeigen. Es ist so schön!

 

Ich war der einzige Touri im vollen Bus und wusste somit, dass ich die richtige Entscheidung für das Ziel getroffen hatte. Ich mag es, wenn es nicht zu touristisch ist. Der Mann neben mir wollte sich die ganze Zeit  mit mir unterhalten, er konnte allerdings kein englisch, was ihn aber nicht davon abhielt, es immer wieder zu versuchen. Das finde ich etwas schade an Asien, dass man sich hier mit den Locals nicht wirklich austauschen kann. Dafür aber kuscheln, denn mein Nebenmann lag alsbald schlafend auf der Hälfte meines eh schon schmalen Sitzes…


Für die etwa 300 Kilometer brauchten wir über 7 Stunden und so blieb am Zielort angekommen nur, mir etwas zum Abendessen zu suchen. Da ich gelesen hatte, dass das Essen in Myanmar nicht so scharf ist, verzichtete ich auf den Zusatz "no spicy" bei der Bestellung eines Green Curry und war dann sehr froh, dass die Bierflasche so gross war. Mit brennendem Mund und einem kleinen Schwips fuhr ich anschließend via Mototaxi (I love it) nach Hause und schlief wunderbar.

Wie ich es immer mache an einem neuen Ort, bin ich am nächsten Tag erstmal durch alle Strassen gelaufen. Das Mawlamyine eine Stadt mit über 400.000 Einwohnern ist, merkt man gar nicht, es wirkt alles sehr beschaulich. Nur der Verkehr an den Hauptstrassen... nun, lassen wir das. Es gibt nicht sonderlich viel zu entdecken, die Stadt liegt zwar am riesigen Fluss Thanlwin aber der besteht aus brauner Plörre und viel Müll und ist wenig reizvoll. Und so sind die mich ständig grüßenden Locals das Highlight meines Rundgangs. Wie sehr sie sich (noch) freuen, dass man ihren Ort beehrt. Beinahe wär‘s das dann auch gewesen, auf einmal fiel mir nämlich ne Kokosnuss krachend vor die Füße. Ach Du sch... war das knapp... nur eine Millisekunde später... nein, da will ich gar nicht weiter drüber nachdenken... Da chillt man zusammengerechnet mehrere Wochen in zwischen prall gefüllten Kokospalmen aufgespannten Hängematten und nix passiert und dann... Nun musste ich also nicht nur nach unten schauen wegen der auch hier bescheidenen Straßenverhältnisse, sondern gleichzeitig nach oben.

Nachmittags machte ich mich dann auf zu den mit Pagoden, Tempeln und Klöstern vollgepackten Hügeln. Boah war das schön. Und im Licht der untergehenden Sonne leuchtete alles noch goldener. Zwischendrin kam eine Gruppe mit Kindern vorbei und eine ältere Frau führte alle einzeln zu mir, um meine Hand anzufassen. Ich hoffe, ich bringe den Kids nun ganz viel Glück, Myanmars Zukunft kann es gebrauchen. Generell begleitete mich ein ständiges Hallo und Begeisterung.

Und dann war auf einmal meine Kamera alle, denn sonst gäbe es jetzt noch mehr Pagoden-Fotos...

Heute machte ich Kontrastprogramm und schaute mir ein paar Kirchen an, die zum Teil nur dank des  blauen Himmels nicht gespenstisch wirkten. Da ich mich etwas schlapp fühle (der Schock bzgl. der Kokosnuss hängt mir wohl immer noch in den Knochen), suchte ich mir ein schattiges Plätzchen im Park. Und war ab sofort beliebtes Selfimotiv. Einer schenkte mir dann eine kleine Plastetüte (asiatische To-Go-Variante) mit einem undefinierbaren aber leckeren Saft und den Worten "as a pläsent fo the foto". Ich bin ja schon wieder sowas von verliebt in die Menschen!

Nun sitze ich in einem Café, schreibe den Artikel und warte darauf, dass es Abend wird. Nachher geht's nämlich weiter, ich nehme den Nachtbus und habe meine längste Fahrt ever vor mir, 18 Stunden, für 700 Kilometer. Leider hab ich völlig verpeilt, dass heute Vollmond und Lichterfest ist und somit überall bunte Festivitäten stattfinden. Deshalb waren heute alle so rausgeputzt und aufgeregt. Während also eine ganze Nation feiert, sitze ich im Bus... So kann man auch gegen den Strom schwimmen, ich meine fahren...

 

 

YANGON:

 

 

 

MAWLAMYINE:

 

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