GUATEMALA - PARTE DOS (LANQUIN, COBAN, USPANTAN, CHICHICASTENANGO, QUETZALTENANGO)

Nachdem ich mich von meinem Regenwald-Paradies verabschiedet hatte, ging am Montag (18.11.) die Erkundungstour durch Guatemala und somit das Sammeln weiterer sich für immer in meinem Gedächtnis einbrennender Erlebnisse weiter. Ein Boot brachte mich zurück in die Stadt Río Dulce, in der ich ein paar Stunden - in einem Restaurant mit netter Aussicht aufs Wasser - auf den Shuttlebus warten musste.

 

Dieser fuhr durch eine schöne Landschaft mitten durch die Berge. Rumpelnd auf Schotterpisten. Und manchmal grenzwertig nah am Abgrund entlang. So nah, dass ich froh war, als es dunkel wurde und ich die Gefahr nicht mehr sehen konnte. Mein Kopfkino sah dennoch einiges… Und Erinnerungen an den Unfall in Laos wurden wach.

 

Da ich erst spät abends in LANQUÍN ankam und direkt schlafen ging, war der Ort am nächsten Morgen eine schöne Überraschung. Das kleine Lanquín ist von Bergen umgeben, die Frauen tragen bunte traditionelle Kleidung und alles wirkte dörflich entspannt.

 

Die meisten Reisenden kommen nach Lanquín, um von hier aus eine der Highlights Guatemalas, die natürlichen Pools von Semuc Champey, zu besuchen. Aber irgendwie reizten die mich so gar nicht, womit ich bei meinen Mitmenschen auf völliges Unverständnis stieß. Ich konnte es mir selber nicht erklären aber so war es eben und nach einem mächtigen Frühstück mit einer tollen Aussicht auf die Berge zog ich - zum ersten Mal auf dem local way - mit einem Minibus weiter.

 

Das aufregendste der kommenden Tage war auf jeden Fall die Fortbewegung von einem Ort zum nächsten. Ich war nun in weniger besuchten Gegenden im bergigen Zentral-Guatemala bzw. Hochland unterwegs und hatte gar keine andere Wahl, als so zu reisen. Viele Horrorgeschichten hab ich vorab gelesen und in Guatemala selbst erzählt bekommen und deshalb steckte ich zum allerersten Mal in meinem Leben meine Kreditkarte in meinen Sport-BH und nutze auch die Geld-Hüfttasche für ihren eigentlichen Zweck, anstatt wie sonst, achtlos verstaut im Rucksack.

 

Die dreistündige Fahrt nach COBÁN verlief problemlos, mir gefiel es, inmitten der locals zu sein, auch wenn die Guatemalteken deutlich reservierter sind als ich zum Beispiel die Kolumbianer kennengelernt habe. In Cobán verbrachte ich zwei Tage und ich mochte die wuselige Stadt. Ich lief stundenlang umher, gönnte mir ausgiebige Pausen in Cafés und beobachtete das Treiben und Leben der Menschen. Ich hab in der ganzen Zeit nur zwei andere Gringos gesehen. Das ist eben das, was ich bevorzuge.

 

Und abends wurde es richtig kalt. Klar, ich war in den Bergen aber die Notwendigkeit des Übereinanderstapelns mehrerer Decken im Bett und die Herausforderung des Aufstehens aus dieser muckeligen Höhle kann ich auch in meiner nicht warm zu kriegenden Altbaubude haben. ;)

 

 

Am Donnerstag (21.11.) fuhr ich weiter nach USPANTÁN. Ich wurde ganz nach hinten verwiesen in eine Viererreihe, in der bereits vier Leute saßen... Aber ich hatte keine Wahl und so saß ich eingepfercht zwischen zwei Männern, von denen der links neben mir schniefte und nieste, was das Zeug hält, ich konnte richtig fühlen, wie die Viren ihren Weg zu mir suchten...

 

Aber ich hatte noch viel Glück mit meinem Platz. Die Divise ist nämlich: einer geht noch, einer geht noch rein. Der Bus hatte 24 Sitze (inklusive der Notsitze im Gang!), bei 35 Leuten dachte ich, nun geht wirklich nix mehr, bei 40 hab ich aufgehört zu zählen… Ich hätte gerne ein Foto gemacht aber mein Bauchgefühl sagte mir, mein Handy lieber nicht rauszuholen.

 

Mit jedem Schlagloch - von denen es unzählige gibt in Guatemala - bohrte ich mich immer tiefer in die Lücke der zwei Sitze, auf denen ich jeweils mit einer Pobacke saß. Dennoch war ich mal wieder von völligem Glück durchströmt, jetzt grad das erleben zu dürfen. Und die Landschaft war erneut ne Wucht.

 

Die Körper meiner schlafenden Nebenmänner wurden immer schwerer und irgendwann sank ein Kopf auf meine Schulter. Nicht nur vor dem Start der Fahrt, sondern auch bei jedem längeren Stopp nutzten zahlreiche Verkäufer die Gunst der Stunde und priesen lauthals ihre Waren an. Das meiste ist (gerne mehrfach) in Plastiktüten verpackt und die landen dann nach dem Verspeisen des Inhalts einfach auf der Strasse. Die leeren Plastikflaschen gleich hinterher. Das sind die Momente des (Ver)Zweifelns, was die eigenen Bemühungen der Plastikreduktion betrifft. Aber als eine, die es wagt, immer noch Langstreckenflüge zu machen, sollte ich vielleicht lieber ganz still sein.

 

In Uspantán angekommen, fühlte ich mich zum ersten Mal nicht so richtig wohl. Und das nicht aus Sicherheitsgründen, sondern ich kam mir einfach völlig fehl am Platz vor. Ich wurde (gefühlt misstrauisch) beäugt und es machte keinen Spaß, einer meiner Lieblingsbeschäftigungen, dem Herumstromern, zu frönen. Da hab ich es dann wohl doch etwas übertrieben mit meiner Vorliebe für untouristische Orte, wenn ich das nicht aushalten konnte.

 

Der Markt bot spannende Fotomotive, aber Menschen fotografiere ich ja generell selten. Die ganzen Alltagsszenen zu beobachten, war dennoch super interessant für mich.

 

Was ebenfalls zu meiner nicht aufkommen wollenden Begeisterung für den Ort beitrug war, dass die (aus meiner Sicht) merkwürdige Vorliebe der Guatemalteken für Böller und Raketen in Uspantán scheinbar besonders extrem ausgelebt wird. Die ganze Zeit knallte es ziemlich nah, oft gefolgt von einer Auto-Alarmanlage. Ich war die ganze Zeit mit Zusammenzucken beschäftigt. Nee, das war diesmal nix. 

 

 

Aber zum Glück blieb ich nur eine Nacht und so ging die Abenteuerreise am Freitag schon weiter. Diesmal inklusive Umsteigen. Während der erste Bus ein Minibus war, musste ich wider Erwarten danach einen berühmt-berüchtigten Chickenbus nehmen. Chickenbusses sind ausrangierte US-Schoolbusse, die wieder aufgemotzt werden. Sie prägen das Straßenbild Guatemalas. Es gibt die klassische gelben aber auch viele bunte. Für einige Reisende ist dieses Transportmittel ein absolutes NoGo, weil die Busse wohl oft überfallen werden und/oder völlig überfüllt sind. Andererseits ist es DER Transportweg für die meisten Guatemalteken. Und für mich gehört das zum Landkennenlernen dazu. Also Augen zu und rein in den Bus. Nein, das war nicht der richtige. Also wurde ich zu einem anderen gelotst. Nee, auch der würde mich nicht zu meinem Ziel bringen. Schließlich fand ich den richtigen. Und war etwas aufgeregt. Bevor es losging, wurde natürlich wieder alles mögliche lautstark angeboten, neben Essen in allen Variationen, sind auch Kaugummis, Zahnputz-Sets, Uhren und Handyhüllen beliebte Verkaufsgüter. 

 

Die Fahrt verlief völlig unkompliziert und so kam ich schließlich an in CHICHICASTENANGO (Chichi). Dieser Ort ist berühmt für seinen Markt, der zweimal in der Woche stattfindet und zu dem alle Touristen in Scharen strömen. Logisch, dass ich einen Wochentag wählte, an dem kein Markt ist. 

 

Auch wenn Chichi ebenfalls in den Bergen liegt, ist einem das Atmen wohltuender Luft nicht vergönnt. Denn sekündlich rasen Minibusse, LKWs und die laut knatternden und schwarzen Qualm ausstoßenden Chickenbusses an einem vorbei. Summiert mit dem stundenlang eingeatmeten Staub der sandigen Pisten wurde meine Lunge auf eine harte Probe gestellt. 

 

In Chiche hatte ich einen homestay ausgewählt. Ich war somit nah an der Familie dran. Sehr nah. Dem Hausherren morgens mit zerzausten Haaren und im Bademantel zu begegnen, war mir ehrlich gesagt zu viel Eintauchen in andere Kulturen

 

Ich realisierte zudem, dass ich des Unherlaufens müde wurde und mir nun jeder Ort irgendwie gleich vorkam. Und ich merkte, dass ich froh war, mich nun wieder touristischeren Gegenden zu nähern. Wer hätte das gedacht.

 

 

Für diese Annäherung machte ich mich am Samstag (23.11.) wieder auf Chickenbus-Tour. Ich musste mich an den Straßenrand stellen und auf den Bus mit meinem Ziel warten. Ziemlich schnell kam einer, der mich zwar nicht direkt zu meiner Endstation aber in die Richtung brachte und ich fühlte mich mittlerweile souverän genug, so dass ich spontan entschied, mitzufahren und dann umzusteigen.

 

Meinem Rücken tat die Fahrt gar nicht gut, ich saß ganz hinten und bei jedem Ausbrems-Hügel, die es alle paar Meter an bewohnten Straßen gibt, wurde ich aus dem Sitz geschleudert. Just in dem Moment, in dem ich merkte, dass ich Kopfschmerzen bekomme, kam jemand in den Bus, um Schmerztabletten zu verkaufen… Ne halbe Stunde später war ich am Umsteigeort, ich musste schnell sein, denn mir wurde mein Rucksack vom Dach geworfen, während der Bus schon weiterfuhr und mich nochmal mit einer schwarzen Rauchwolke zum Abschied umhüllte. Da hörte ich auch schon jemanden mein Ziel rufen, also fix den Bus ausfindig machen, von dem die Stimme kam, dem Schreienden fix den Rucksack in die Hand drücken und noch fixer einsteigen. Kaum drin, fuhr der Bus auch schon los. Und dieser war bereits sehr voll. So dass ich erstmal stehen musste. Es rückten dann aber einige noch enger zusammen (wie gesagt, Schulbusse, es ist also alles auf Kindergrößen ausgelegt…) und ich konnte mich genau mit einer Pobacke hinsetzen. Und musste mich krampfhaft festhalten, weil die extremst kurvenreiche Strasse den Fahrer natürlich nicht davon abhielt, diese mit Vollgas entlang zu brettern. Und der Bus wurde immer voller und voller. Wirklich unvorstellbar. Der Vorteil des Ganzen war, dass ich durch den Po an meinem Rücken und den Bauch vor mir nicht mehr so hin und her rutschen konnte. Es wurden immer mehr Menschen reingequetscht und ich merkte, dass es selbst den locals zu viel wurde aber der ayudante kannte keine Gnade

 

Stimmt, die ayodantes verdienen noch ein paar Zeilen, da wichtiger Part des Transportwesens: Das sind quasi die Schaffner, die auch die ganze Zeit während der Fahrt das Ziel des jeweiligen Busses hinausbrüllen. Es sind ausnahmslos obercoole Typen. Sie zeichnet aus, dass sie richtig Tempo machen, so dass man echt immer super fix sein muss. Das bedeutet natürlich auch, dass sie selbst ausschließlich ein- und aussteigen, wenn der Bus schon bzw. noch fährt. Und beim Einsammeln des Geldes wedeln sie mit ihren Geldscheinen wie Millionäre.

 

2 Stunden später, die sich deutlich länger angefühlt hatten, war ich in QUETZALTENANGO (Xela). Xela ist die zweitgrößte Stadt Guatemalas und liegt auf 2.376 Höhenmetern, Nach einem richtig richtig guten Kaffee von den coolen Hostel-Jungs ließ ich mich durch die Stadt treiben, dank der guten Auswahl an Cafes und Restaurants, unterbrochen durch kleine kulinarische Pausen. Das war ganz nach meinem Geschmack.

 

Am Sonntag wollte ich dann auf eigene Faust einen kleinen Ausflug wagen und einem der mir mittlerweile nicht mehr solche Angst machenden Busse zwei umliegende Berg-Orte besuchen. Im ersten anvisierten Ort Almolonga hab ich mich nicht wohlgefühlt, es war extrem schmutzig, Müll lag überall herum und die vorbeilaufenden und mich musternden Halbstarken waren doch etwas angsteinflößend. Somit saß ich keine halbe Stunde später schon wieder im nächsten Bus und fuhr weiter nach Zunil. Das war schon eher meins. Eine malerische grüne Berglandschaft und der Ort hatte deutlich mehr Charme. 

 

Zurück in Xela durfte ich Zeuge eines nicht enden wollenden Weihnachtsumzugs werden. Ein Fanfarenzug reihte sich an den nächsten. Dazwischen geschmückte Trucks und viele, teilweise echt gruselig aussehende, Maskottchen. Massen an Süßigkeiten und Plastikwerbemittel aller Art wurden in die Menschenmenge geworfen und dort jedes Mal begeistert und ellenbogen-kämpfend in Empfang genommen. Und fast jeder Fanfarenzug spielte dieses eine vermaledeite Lied, welches mir bereits seit Tagen erbarmungslos aus den Radios der Busse entgegen schalte: Feliz Navidad. Immer und immer wieder.

 

Mich beim Summen der verdammten Melodie erwischend, ging ich zurück ins Hostel, für die Weiterreise musste ich am nächsten Tag früh raus.


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