GUATEMALA - PARTE UNO (GUATEMALA CITY, FLORES, RIO DULCE)

Mit dem für meine mittlerweile traditionelle "Raus-aus-dem-grauen-November"-Flucht auserkorenen Reiseziel GUATEMALA hatte ich mich lange schwer getan und mich dann doch dafür entschieden. Und mit der getroffenen Entscheidung kam auch prompt ein positives Bauchgefühl. Welches sich durch das Stöbern im Reiseführer verstärkte und mich motivierte, meine Spanisch-Lern-App wieder zu aktivieren.

 

Am Mittwoch den 6.11. war es soweit, mit zwei Zwischenstopps in Paris und in San José landete ich abends in GUATEMALA CITY. Trotz Verspätung hat alles gut geklappt, ich kann AirFrance echt empfehlen. Und auch ihren erfrischend anders gemachten Sicherheitsinstruktionen-Film.

Die Immigration verlief ebenfalls völlig problemlos, so dass ich mich dann ganz meiner genauso traditionellen Zitterpartie am Kofferband hingeben konnte: "Was mach ich, wenn der Rucksack nicht dabei ist? Bei 2x Umsteigen ist das Risiko ja deutlich höher, dass mein Rucksack irgendwo zurück bleibt. Wird mein Spanisch ausreichen, um alles zu klären? Kann ich hier so spät überhaupt noch was klären?" Ich wurde diesmal nicht zu lange auf die Folter gespannt. Da war er, mein oller aber zuverlässig mein Zeuch durch die Weltgeschichte transportierender Rucksack. Nun konnte mein neues Reise-Abenteuer wirklich starten!

Dieses begann, wie es sich für ein Abenteuer gehört, mit einem kleinen Schreck, denn es gab keinen Geldautomat am Ausgang, was echt ungewöhnlich ist. Und zu allem Überfluss funktionierte auch das Airport-WiF nicht, um mir wenigstens bargeldlos ein Uber bestellen zu können. Aber ich war ja nun in Lateinamerika und da wird einem sofort geholfen. Ein junger Mann gab mir Zugang zu seinem Internet und der so bestellte Fahrer war desgleichen freundlich und hilfsbereit. Und ich war, trotz bleiernder Müdigkeit, sowas von geflasht, innerhalb der ersten halben Stunde im Land gleich zwei solcher Begegnungen gehabt zu haben.

Meine Unterkunft war das Zimmer des Freundes eines Freundes. In einem hammer Apartment mit hammer Aussicht. Hier konnte ich gut ankommen. Und musste erstmal schlafen.


Jetleg sei dank hat es mit dem Schlafen jedoch nicht ganz so gut geklappt aber ich lag lange lesend im Bett und als es hell wurde, konnte ich den Ausblick genießen. Rundherum waren viele Apartments-Hochhäuser, die wiederum von Vulkanen umgeben waren. 

Dann gab es ein paar wichtige Sachen zu erledigen: Bargeld organisieren, mir ne SIMCard zulegen und Frühstücken. Mein fast 3 Jahre brachliegendes Spanisch reichte für alle Sachen aus, damit war klar, ich werde die nächsten Wochen einigermaßen zurecht kommen. 

Wie ich es eigentlich immer mache in einem neuen Ort, bin ich dann ein wenig umhergelaufen. Und genoss das sich ständige Grüßen und Anlächeln so sehr. Hach, wie ich das in Deutschland vermisse. Ich befand mich in Zona 10, sichtbar einem Viertel, in dem die gut betuchten Menschen wohnen. Und ich machte mir viele Gedanken über die Widersprüche von Arm und Reich. Guatemala ist ein von Armut, Korruption und Gewalt geprägtes Land, einen Großteil der von Armut betroffenen Menschen macht die indigenen und ländliche Bevölkerung aus. Mir machte das echt zu schaffen, irgendwie mehr als auf meinen bisherigen Reisen, die ja ebenfalls von zahlreichen Kontrasten geprägt waren. Liegt das am Älterwerden oder an dem sich in mir tief drin verändernden Reise-Feeling…?

Laut meines Reiseführer befanden sich die Hauptsehenswürdigkeiten im historischen Zentrum, in der Zona1. Also fuhr ich dort nachmittags hin, bekam dann aber nicht allzuviel zu sehen. Ein paar sich vom blauen Himmel abhebende Kirchen boten mir dennoch einige Fotomotive. Auch hier bin ich dann einfach ein wenig umhergelaufen, achtete dabei aber darauf, auf belebten Straßen zu bleiben, da es sich hier schon anders anfühlte als in der Schickimicki-Zona. Überall schallte mir lauter Reggaeton-Sound entgegen. Stimmt, da war ja was, Lateinamerikaner lieben laute Musik. Aus bassstarken Boxen, zu jeder Tageszeit. Da wurden Erinnerungen an mein liebstes Land Kolumbien wach.


Am Freitag (8.11.) ging es nach einer guten Mütze voll Schlaf wieder zum Airport. Wie immer, war ich viel zu früh da aber das mir auf meiner langen Reise antrainierte entspannte Warten hatte ich immer noch drauf. Dann ging's rein in den 30Sitzer und ne Stunde später auch schon wieder raus. Ich war angenommen in FLORES, einer winzig kleinen aber mit bunten Häuschen vollbepackten Insel im Lago de Petén Itzá im Norden des Landes.

Ich war direkt begeistert. Von den engen farbenfrohen Gassen und von der Nähe zum Wasser, egal wo man sich grad befand. Nach dem Einchecken im familiengeführten B&B bin ich somit sofort los und ließ mich von dem Kaffeeduft eines am Wasser liegenden Cafés anlocken. Herrlich. Nach dem schönen Sonnenuntergang suchte ich mir dann einen netten, natürlich wassernahen, Spot zum Abendessen. Und freute mich auf die kommenden Tage. 

Flores wird als Ausgangspunkt für Touren zu den Maya-Stätten genutzt. Da das Wochenende anstand und somit großer Besucherandrang zu erwarten war, wählte ich die nicht ganz so bekannte Maya-Stätte YAXHÁ für meine erste Tour in Guatemala aus.

Samstagmittag ging's los, mit einem bereits bei Abfahrt ziemlich vollen Mini-Bus, der sich dank diverser Umwege zum Abholen weiterer Leute, immer mehr füllte. Ich war etwas bedient und wollte schon bereuen, eine Tour gebucht zu haben aber dann machte der Guide vor Ort alles sowas von wett. Es hat so Spaß gemacht. Man merkte, wie sehr er diesen Ort liebt und schätzt und sein spürbar respektvoller Umgang mit allem sprach mich sehr an. Da er alles immer auf Spanisch und Englisch erzählte, konnte ich gleichzeitig ein wenig Spanisch üben. Das Hören/Verstehen ging mittlerweile wieder ganz gut. Und so erfuhr ich unter anderem, dass die wichtigste Währung der Maya Kakaobohnen waren und dass viele der heutigen Guatemalteken Nachfahren der Maya sind.

Die Tempel fand ich (im Vergleich zu meiner allerersten Fernreise 2012 in Mexico, bei der für mich ja quasi ALLES neu war) nicht sonderlich beeindruckend. Aber die Natur dafür umso mehr. Die Pfade schlängelten sich durch den Dschungel und diverse Tierlaute begleiteten uns. Und Tarántulas… Nur 10% der sich in Yaxhá befindlichen Tempel wurden freigelegt, der Rest der Natur überlassen, das mag ich sehr und fand es faszinierend zu wissen, dass sich unter den ganzen überwucherten Hügeln, an denen wir vorbei kamen, auch Tempel befanden. Gefallen hat mir zudem, das die Tempel  zum Teil via Holztreppen erklommen werden, so dass die Tempel selbst nicht bestiegen werden müssen.

Eine Besonderheit der Stätte ist ihre Lage an zwei Seen. In Kombination mit den düsteren Regenwolken machte es den Sunset vom höchsten Tempel aus zu einem wunderbaren Farb-Schauspiel.

Den nächsten Tag wollte ich einfach nur entspannen, vielleicht etwas früh nach nur 4 Tagen im Land aber so what, ich hatte vor, mich ganz viel treiben zu lassen. Und das kann man auf der Insel nun mal besonders gut. Auf der Hängematte, im Café und am Wasser. Mir geht es sooooo gut, danke!!! Ich bewegte mich aber auch und begab mich auf kleine Fototour, ging gar nicht anders bei meiner kleinen Vorliebe für Fenster und Türen. Zudem nutze ich die Zeit für die Planung der weiteren Route. Das nahm einige Zeit in Anspruch, weil ich immer wieder abwog und diverse Anreise-Varianten recherchierte. Als Ergebnis hatte ich nen groben Plan für die anstehenden Wochen, der sich gut anfühlte (und später doch nochmal x Mal verändert wurde).

Flores hat auf jeden Fall eine touristisch geprägte Infrastruktur, trotzdem auch viel lokales Flair. Allerdings war vieles leer oder wirkte verlassen.  Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es mit dem Tourismus nicht so gut läuft, was ich nicht verstehen kann.

Am Montag stand dann aber DIE Attraktion schlechthin auf dem Programm: TIKAL. Diese ist nicht nur touristisch das Highlight, sondern wohl auch eine der wichtigsten Stätten der Maya gewesen. Dafür steht man ja gerne 5 Uhr auf. Diesmal hatte ich nur den Transport organisiert, ich wollte auf eigene Faust das Areal erkunden. Ich erwartete nicht viel und war dann positiv überrascht. Auch Tikal liegt inmitten dschungeliger Natur und es gab kilometerlange Trails zu etwas abgelegeneren Tempeln. Und: keine Menschenseele. Das verunsicherte mich auch ein wenig und ich überlegte, ob ich nicht irgendeine Warnung bzgl. des Alleine-durch-das-Areal-Laufens vorab gelesen hatte. Zudem wurde mir erst am Vortag von einer Reisenden von ihrem Überfall in einem anderen Ort berichtet. Mit einer Machete... Ich war dann tatsächlich entspannter, als mir bei den zentraler gelegenen Tempeln dann auch ein paar Leute begegneten. 

Einige Tempel gefielen mir ausgesprochen gut und auch hier boten sich dank über Holztreppen zu erklimmende Tempel tolle Aussichten.


Nach vier sehr schönen Tagen ging's am Dienstag (12.11.) dann weiter. Ich folgte dem Ruf des Regenwaldes im tropisch-karibischen Osten des Landes. Die Bungalows an zwei Orten direkt am RÍO DULCE in der Nähe von Livingston hatte ich bereits in Deutschland gebucht, weil ich mich in den vorangegangenen turbulenten Wochen dolle nach Ruhe, Natur und Abgeschiedenheit sehnte.

Als Transport-Option entschied ich mich für die einfachste, nämlich die Touri-Variante. Ich war noch nicht bereit für den local way. Es war ein mit Gringos gefüllter aber schön bunter Bus. Mit dem wir gemächlich vor uns hin tuckerten. Und wenn ich meine gemächlich, dann bedeutet das, dass selbst schwer beladene LKWs uns überholten. Sonst ist man beim Touri-Transport ja eher Formel1-Verhältnisse gewohnt. Ich sollte mich wohl schon auf dem Weg zum Paradies entschleunigen und versuchte, die Challenge anzunehmen. 5 Stunden später kamen wir in der Stadt Río Dulce an, wo der Fluss Río Dulce auf den Lago de Izabal trifft und von wo aus wir nach einiger Wartezeit in ein Boot wechselten. Die einstündige Fahrt auf dem Wasser mit dem satten Grün links und rechts sowie einem Regenbogen war atemberaubend schön und erfüllte mich erneut mit ganz viel Vorfreude auf die anstehenden Tage.

An meinem ersten, für den mehrtägige Naturgenuss auserkorenen, Spot angekommen, war ich erstmal überrascht, wie klein die Fläche war. Von allen Seiten war ich abgeschnitten, vor mir der Fluss, hinter mir der sumpfige Regenwald. Ich befürchtete einen drohenden Lagerkoller aber das hielt keine zwei Minuten an, denn mein Bungalow war ne Wucht, die Familie ebenso und der Ausblick vom Steg ließ mich fühlen, dass ich hier genau richtig war. Tja und was soll ich sagen, anstatt die Tage, wie geplant mit Boots- und Wandertouren zu verbringen, lag ich zwei Tage hintereinander lesend in der Hängematte oder saß aufs Wasser starrend auf dem Steg. Immer beginnend mit der magisch anmutenden Morgendämmerung und endend mit dem stimmungsvollen Dschungelsound.

Die zweite Unterkunft, die ich bereits vorab gebucht hatte, war ein kleines Geschenk an mich selber und passend zu meinem lazy life dauerte die Fahrt dorthin am Freitag (15.11.) ganze 5 Minuten mit dem Boot. Vom Rio Dulce bogen wir ab in den deutlich schmaleren und dafür mich der Natur noch viel näher fühlenden Rio Lámpara. Und trotz der Nähe zu dem vorherigen Ort, mutete hier alles doch komplett ganz anders. Die Unterkunft ist professioneller aufgezogen mit Gemeinschaftsraum, Bibliothek, Yoga-Dock und einem 2-etagigen Bungalow (größer als meine Wohnung…). Das war schon ein wenig dekadent für eine Person aber wie gesagt, man muss (sich) auch (was) gönnen können. Somit vergrößerten sich quasi die Optionen, weiterhin so richtig schön abzuhängen. Und durch das gemeinsam eingenommene Abendessen an einem großen Tisch konnte man sich der Geselligkeit gar nicht entziehen. Entgegen meiner Befürchtungen (ich hab ja am liebsten meine Ruhe in so Abtauch-Regionen) fand ich das ganz schön. Und so ließ ich mich von Tine, einer Kölnerin, für den nächsten Tag zu etwas Bewegung, die über das Hängematten-Schaukeln hinausgeht, hinreißen.

Für unseren geplanten Ausflug ließen wir uns am Samstag mit dem Boot nach Livingston an die Karibikküste schippern. Und schon allein der halbstündige Weg dahin war es wert, mich aufgerafft zu haben. Denn das Boot führte uns durch einen wunderschönen grün bewachsenen und zum Teil echt hohen Canyon. Um den Anblick noch zu perfektionieren, ließen sich auch die Adler nicht lumpen und zogen ihre Kreise.

Wieder festen Boden unter den Füßen, liefen wir dann ca. 2 Stunden zuerst durchs betriebsame Lívingston und dann an einem leider so gar nicht karibisch anmutenden Strand entlang. Die Zeit verging plaudern wie im Flug und Tine und ich entdeckten erstaunlich viele Parallelen. Ich liebe solche Begegnungen auf Reisen.

Ziel waren die Siete Altares, ein Wasserfall mit natürlichen Pools. Wir hangelten uns von Pool zu Pool (faszinierend, was die Natur alles so fabriziert) und oben angekommen, wagten wir uns in das erfrischende Nass. Für den Weg zurück nahmen wir uns auf halber Strecke ein TukTuk und genossen dann das Essen in einem Restaurant am Wasser.

Wir waren sehr happy mit unserem Ausflug und freuten uns trotzdem, am Nachmittag wieder zurück in unsere kleine Oase zu kommen. Und ich konnte die mich schon den ganzen Tag begleitenden Gedanken nicht länger ignorieren, dass ich mehr Zeit dort verbringen möchte. Deshalb beschäftigte ich mich erneut mit meiner Reiseroute, um abzuwägen, was ich skippen könnte, um nochmal zurück zu kehren.

Den Sonntag begannen wir mit einer Kayaktour durch die Mangroven zur aufgehenden Sonne. Was für ein Frieden - um uns herum und in uns. Tine war eine super Bird-Spotterin und so sahen wir die verschiedensten Vogelarten. Ein ganz besonderer Moment war ein ganz nah über uns kreisender Adler. 

Das anschließende Frühstück war nach diesem Start in den Tag doppelt so köstlich und dann war natürlich wieder Chillaxing-Time angesagt. Nach dem Dinner ging auf einmal das Licht aus und mir wurde ein Kuchen mit Kerzen überreicht, begleitet von fröhlichem Gesang aller. Mist, ich halte das doch immer geheim. Aber da hatte jemand  (Alexandra, eine zauberhafte Frau aus Kolumbien) genauer auf meinen Pass geguckt. Also nächstes Jahr geht's doch lieber wieder in ein Schweige-Retreat. ;) Nee, es war schon irgendwie rührend und der Schokokuchen, den ich natürlich mit allen teilte, dolle lecker.

Diesen wirklich schönen Tag beendete ich dann am Steg und zählte die Sternschnuppen.

Ja, ich würde nochmal wiederkommen. Aber erstmal warteten neue Abenteuer...



GUATEMALA CITY:



YAXHÁ:



FLORES:



TIKAL: 



RÍO DULCE:



Río Lámpara:

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Ulrike (Donnerstag, 21 November 2019 09:07)

    Mist... jetzt habe ich doch Fernweh bekommen�
    Hab noch eine schöne Zeit!

  • #2

    Janine B. (Samstag, 23 November 2019 09:49)

    Danke fürs Mitnehmen in den Urlaub. Bin vom Lesen ganz chillaxt :)

  • #3

    Cori (Montag, 25 November 2019 20:06)

    Klingt mal wieder nach einem richtig schönen Abenteuer! Ach ja...